Log-V Küchenanhänger - Vom Briefbomber zur Gulaschkanone

Seit Mitte der 60er Jahre die erste Feldküche im Ortsverband Achern stationiert wurde, beschäftigen sich die Helferinnen und Helfer mit dem Thema Verpflegung. Bis zur Neustrukturierung des THW 1995 verfügte der OV Achern über zwei Feldküchen Fabrikat Progress. Eine hiervon (THW 81446) ist noch immer im Dienst der heutigen Fachgruppe Logistik-Verpflegung. Die zweite erhielt der benachbarte OV Offenburg. Doch schon kurz nach dem Neubeginn der Log-V war klar, dass die vorgegebene STAN den Anforderungen in hygienischer Sicht nicht entsprach und auch bei der Ausstattung Nachholbedarf herrschte.

So wurde schon früh mit der Weiterentwicklung der wohl speziellsten Fachgruppe innerhalb des THW begonnen. Nach ersten Materialergänzungen konnte Ende der 90er Jahre ein dicker Coup gelandet werden. Es konnten gebrauchte Großküchengeräte des Kreiskrankenhauses Achern erworben werden, nachdem die dortige Küche modernisiert worden war. Natürlich war klar, viel Arbeit in die Überholung der Geräte stecken zu müssen. Doch erst musste ein geeigneter Standort gefunden werden. Die OV  Küche war logischerweise zu klein. Da in der Unterkunft auch sonst kein geeigneter Raum zur Verfügung stand, wurde auch das Wachgebäude des zu dieser Zeit frisch in THW Hand befindlichen Übungsgeländes in Betracht gezogen. Aus transportlogistischer Sicht wurde jedoch auch dieser Plan verworfen.

Eigentlich als Spaß wurde schließlich in den Raum gestellt, die Gerätschaften mobil unterzubringen. Diese Idee fand schnell Freunde unter den Helfern. Und noch schlimmer, einer der Helfer fand die (wie wir heute wissen) arbeitsintensive Lösung. Im Internet wurde ein gebrauchter Anhänger der Deutschen Post gefunden. So kam Ende des Jahres 2000 der gar nicht mal so teure Hänger (heute THW 90093) auf den Hof. Neben der gelben Farbe bestand der Kastenwagen zwar zum Großteil aus Rost, aber die technische Basis des 1995 gebauten Fahrzeuges war noch gut erhalten. Doch schon standen die Väter der Idee vor dem nächsten Problem. Die doch recht sperrigen Geräte und die Innenmaße des Anhängers waren fixe Größen. Wie sollte die Einrichtung erfolgen, ohne Platz zu vergeuden und trotzdem optimale Arbeitsabläufe zu ermöglichen? Ebenso wurde beschlossen, den vorderen Bereich des Innenraumes mit einer Kühlzelle zu versehen. Einer Einrichtung, welche die STAN für die Log-V noch heute offiziell nicht vorsieht. Doch wie viel Platz sollte man für die Zelle opfern? Also noch ein Problem. Über mehrer Monate hinweg wurden immer wieder die Großgeräte mittels Ladebordwand des Log-V LKW in den Hänger gehievt. Es wurde nachgemessen und hin und her gerückt. Regelmäßig wurden neue Skizzen und Maßstabgenaue Pläne angefertigt. Doch bei jeder Lösung musste irgendein Kompromiss geschlossen werden. Erste Stimmen wurden laut: „Das schaffen wir nie.“ Vom aufkommenden Frust angestachelt, übernahm der frühere Zugführer Rolf Ehinger schließlich Anfang 2002 das Zepter der Arbeiten.

Eine Ausbaulösung wurde als machbar auserkoren und endlich konnten die Arbeiten richtig beginnen. Die Zurr-Ösen im Innenraum wurden entfernt und der hölzerne Boden des Aufbaus mit Alu Riffelblechen verkleidet. Nach dem Entfernen des Unterfahrschutzes wurden sogleich Ablauföffnung im Fahrzeugboden geschaffen, um später eine leichtere Reinigung der Küche zu ermöglichen.

Die verheerende Flut an Elbe und Mulde stoppte im Sommer 2002 die Arbeiten für einige Wochen. Zwei Fluteinsätze der Fachgruppe Logistik-V und das Projekt GKW I (siehe separaten Bericht) mussten bewältigt werden. Viel Erkenntnisse aus den Fluteinsätzen flossen anschließend in den Anhängerbau mit ein.

Mit dem Herbst fanden die Arbeiten ihre Wiederaufnahme. Auf den Innenwänden wurden aus hygienischen Gründen Edelstahlbleche aufwendig verklebt. In der Zwischenzeit konnte mit Hilfe einer örtlichen Klimatechnikfirma eine gebrauchte Kühlzelle gefunden und nach einigen Änderungen eingebaut werden. Als diese Arbeiten abgeschlossen waren, stand jedoch schon der Jahreswechsel 2002/2003 an. Die Uhr begann zu ticken. Hatte Rolf doch die 20 Jahre Feier der Jugendgruppe im September 2003 als Präsentationsdatum des Hängers durchgesetzt.

Im Frühjahr 2003 konzentrierten sich die Arbeiten auf die Außenhaut des Anhängers. Nach erfolgter Sandstrahlung konnte das Gefährt bei einem in der Region gelegenen Fahrzeugbauer lackiert werden. So wich das Gelb einem eleganten weiß – blauen Anstrich. Aus thermischen Gründen wurde diese Ausweichlackierung gewählt. Schließlich sollten auch bei sommerlichem Betrieb der Küche, die Schnitzel in der Pfanne braten, nicht die Logistikhelfer in ihren Kochklamotten. Zur besseren Belüftung wurden bei den Lackierarbeiten noch zwei Wohnmobilfenster in die Seitenwände eingesetzt.

Nach der Rückkehr in den OV begann, nicht nur aus Wettersicht, der extrem heiße Sommer 2003. Die Zeit eilte davon, die Arbeiten am Hänger trotz großer Anstrengungen jedoch hinterher. Das Dach wurde von innen isoliert und mit Edelstahlblechen verschlossen. Nun konnte endlich mit dem Einziehen der Leitungen für Strom und Wasser begonnen werden (wo die Unmengen an Kabel versteckt wurden, bleibt vielen bis heute ein Rätsel). Die alten Küchengeräte waren inzwischen von Rolf Ehinger komplett demontiert und neu verdrahtet worden. Nach einer gründlichen Reinigung standen sie wieder da wie neu.

Auf der in Fahrtrichtung rechten Seite wurden im Anschluss an die Kühlzelle ein Regal für Kleinmaterial und der Wasserboiler befestigt. Endlich war der große Moment gekommen und das erste Großgerät wurde eingebaut. Direkt neben dem Regal fand der Kombidämpfer (seines Zeichens ein gebraucht gekauftes Messegerät) seinen Platz. Als nächster Schritt wurde die generalüberholte Kipperbratpfanne verbaut. Über Kipperpfanne und Kombidämpfer fand eine von zwei Gastronomiedunstabzugshauben ihren Einsatzort. Als letztes fanden auf dieser Fahrzeugseite noch ein Doppelwaschbecken und eine Spülmaschine ihr neues Zuhause. Im Unterschrank des Waschbeckens versteckt sich eine Trinkwasserpumpe. Somit ist es nicht nur möglich, über ein Schlauchsystem, die angedockten Küchenzelte mit Warm- und Kaltwasser zu versorgen. Sondern auch die Versorgung aus einem Behälter zu gewährleisten, sollte einmal kein Trinkwassernetz zur Verfügung stehen.

Gleich darauf wurde die Küchenzeile auf der linken Fahrzeugseite in Angriff genommen. Eine Multifunktionsmaschine und die beiden Krankenhaus Friteusen wurden eingebaut. Eine Aufnahmegestell für die beiden schon länger vorhanden gasbetriebenen Hockerkocher führt die Gerätereihe fort. Die hierfür benötigte Gasleitung liegt fest verlegt unter dem Aufbau und endet in einem eigens gefertigten Staukasten an der hinteren Stoßstange. Zum Betrieb können in dem Kasten zwei Gasflaschen untergestellt werden und die Kocher versorgen. Im Fahrbetrieb kann in dem Fach Kleinmaterial befördert werden. Doch zurück zur Küchenzeile. Diese wird durch einen Edelstahl Arbeitstisch und den massiven Elektroverteilerschrank abgeschlossen. Über Friteusen und Gaskochern fand die zweite Dunstabzugshaube ihren Platz.

Doch fertig war der Küchenanhänger damit noch lange nicht. Schon bei den ersten Bauarbeiten wurde festgestellt, dass das Fahrzeug bei Arbeiten und Bewegungen im Aufbau zu schwanken begann. Die Stammwerkstatt des OV zog schließlich, am Drehkranz und vor der Hinterachse, Hilfsrahmen ein. In die Rahmen können Windenstützen eingesteckt werden. Mit deren Hilfe kann der Anhänger nicht nur ruhig, sondern auch auf unebenen Flächen „ins Wasser“ gestellt werden.

Inzwischen war auch der zweite Staukasten fertig geworden. Auf Grund seiner Größe, er füllt den gesamten Raum zwischen den Achsen und ersetzt somit den Unterfahrschutz, war die technische Unterstützung der BG I notwendig, um das schwere Bauteil unter den Rahmen  zu schrauben. In dem Staukasten finden seither neben Arbeitstischen und Zelten auch die besagten Windenstützen ihren Platz. Nun konnte auch das Abwassernetz fertiggestellt werden. Alle Geräte und Waschbecken münden in eine gemeinsamen Leitung, welche zwischen Staukasten und Drehkranz endet und mit fest verlasteten Verlängerungsrohen in einen Gully geführt werden kann.

Der Präsentationstermin stand nun kurz bevor. In den letzten Tagen vor dem großen Moment, gingen die Lichter erst sehr spät Abends aus. Schließlich wollte man bis auf wenige Detailarbeiten fertig werden. Und das wurde richtig knapp. So schraubte Rolf Ehinger den Schaltschrank für den Lichtmast in letzter Sekunde sogar noch im Dienstanzug an die Vorderwand des Hängers. „Das musste jetzt noch sein.“

Bei der Präsentation wurde die neue Küchenanlage erstmals komplett aufgestellt. Der Hänger stand auf den Stützen im Hof und das nach unseren Wünschen gefertigte Anbauzelt, mit fünf Metern Länge, war auch erstmals montiert. Der vorgenante Lichtmast war ebenfalls fertig. Kein Wunder, stammte die Konstruktion doch aus dem Hause Ehinger. Der Mast ist jedoch nicht das einzige Ausstattungsmerkmal, welches die Stirnseite des Anhängers zu bieten hat. Neben dem Kühlaggregat fand hier auch das unter dem Aufbau verjagte Ersatzrad, an einem Seilzug hängend, seinen Platz. Ein Jahr später sollte hier noch ein Stromaggregat heimisch werden, um die Kühlzelle auch während der Fahrt betreiben zu können.

Nach der Präsentation wurde erst mal durchgeatmet. Die beteiligten Helfer mussten wieder zu Kräften kommen. Schließlich waren die meisten Arbeiten neben dem Berufsleben bewerkstelligt worden. Noch fehlende Details wurden jedoch bald zum Abschluss gebracht.

Für Samstag den 6.12.2003 wurde schließlich ein Kompletttestbetrieb vorgesehen. Bis zu diesem Tag waren immer nur einzelne Komponenten getestet worden. Der Probelauf musste jedoch ausfallen und wurde nie nachgeholt. Dies war auch nicht mehr nötig. War an besagtem 06.12. der Anhänger doch schon den zweiten Tag beim Hochwassereinsatz in Arles (Südfrankreich) im Dienst. Der Hänger wurde bei Erteilung des Einsatzauftrages ausdrücklich angefordert. Auch die Hinweise auf den fehlenden Testlauf und die noch nicht zugeteilte THW Nummer änderten daran nichts. So musste sich der Nummernschildlose Anhänger seiner Feuertaufe unter Realbedingungen stellen, was sich jedoch als problemloses Unterfangen herausstellte. Nachdem der Einsatz über eine Woche später beendet werden konnte, zogen die eingesetzten Helfer ein Fazit. Ihre weit mehr als 4.000 Arbeitsstunden, waren zu recht investiert worden.